Chaos-AB

Donnerstag vor der (Fach-)Abiturwoche. Um noch ein wenig zu entspannen gingen wir (ein paar Klassenkameraden und ich) ein paar runden schwimmen.
Irgendwann erzählte Maistro* von seiner, eigens für's Abi, gebauten Saufmaschine. Wer nicht weiß, was das ist: Das Prinzip ist genauso einfach wie tödlich - in einen größeren Behälter (hier: Toilettenspülkasten) wird je nach belieben Bier, Schnaps, etc gekippt und dann über einen Schlauch in einen Probanden umgefüllt. Damit der Druck nicht allzu hoch wird, hat er neben der normalen Klo- ähhh, Bierspülung ein Kugelventil eingebaut, damit die Füllmenge und Geschwindigkeit besser kontrolliert werden können. Ist bei etwa 10 Litern (und dessen Druck!) auch bitter nötig. Die Apparatur sollte dann nach der letzten Prüfung an der Schule auch gründlich genutzt werden.
Ok, für mich, der keinen Alkohol trinkt, eher bekloppt aber (wahrscheinlich erst deswegen) doch eine lustige Idee.
Aber was hat das mit Elektronik zu tun? Naja, irgendwann an dem Abend kamen wir auf die Idee, dass es einfach nur "genial" wäre, wenn beim Spülen der Satz "The time has come to push the button" aus dem Lied Galvanize von den Chemical Brothers ertönt.
Das war dann der Reiz für mich. Aber wie zum Henker soll ich das in der kurzen Zeit, neben Lernen, noch schaffen? Um komplett etwas eigenes hochzuziehen fehlte mir die Zeit und auch der Nerv. Also musste irgendetwas simples her.

Erster Gedanke war ein umgebautes Kassettenlaufwerk, das mit Endlosband läuft. Nur ist da das Problem, dass es nach einer bestimmten wieder anhalten soll, weil der Satz mit der Zeit auch nervig wird. Das könnte man evtl. über eine Lichtschranke lösen, die den Motor anhält, sobald das Band einmal herum ist. Wäre an sich auch nicht schwierig. Das Band ist mit Tesa gut zusammengeflickt und gleichzeitig an einer Stelle durchsichtig. Das Problem wäre halt, dass sich das Band ohne Kassettenhülle sehr leicht verheddert und somit der Spaß sehr schnell vorbei ist. Ansonsten wäre es auch ein rel. großer Bastelaufwand geworden, was ich mir ersparen wollte. Verworfen.

Zweite Idee war ein Billig-MP3-Player, der schon möglichst kaputt ist. Autostop und Singlerepeat haben ja auch die billigsten der billigen. Nur hat keiner meiner Freunde so ein Teil herumliegen. Ich hab' zu wenig Freunde. ;) (Mein MP3-Player könnte die benötigten Features zwar auch, aber der funktioniert noch vollständig und ich hatte keine Lust, das Gerät dann nachher aus der Donau zu fischen)
Naja, egal - Weiter im Text.

Meine Schwester hat einen Wecker von IKEA, der als Weckruf Sprachaufzeichnungen zulässt. Das blöde daran: Der Ton ist viel zu krächzend, sodass man später nichts mehr verstehen würde. Also auch Mist.

Ein Vorschlag von Robert war: Sprachmodule vom hohen C. Ich bin echt enttäuscht. Gerade vom amtlich bescheinigten Bastler & Murkser so ein "unkreativer" Vorschlag? Zudem: ca. 10 Euro für so ein Soundmodul und dann noch 7 Euro Versand dafür waren mir echt zu schade für so eine Aktion.

Ich war schon kurz davor, das Ganze aufzugeben. Doch dann - ein Geistesblitz! Fast alle Anrufbeantworter haben zumindest für die Ansage einen vollelektronischen - sprich digitalen - Speicher. Das war's! Nur, woher soll ich jetzt einen AB besorgen? Beim Recyclinghof um die Ecke gibt es so etwas natürlich nicht. Schon gar nicht, wenn man es dringend braucht und erst recht nicht spät Abends. Zum Glück habe ich meiner Tante mal einen (geschenkten) Anrufbeantworter geliehen, um nervende Anrufer abzuwimmeln (gibt es eigentlich eine andere Aufgabe für die Teile?). Nur das Problem: Uns trennen >100km. Per Post ist auch doof. Zum Glück fuhr meine Mutti am Wochenende zu meinen Großeltern, die nicht weit weg von meiner Tante wohnen. That's it.

Also nur ein bisschen Geduld bis zum Wochenende, bis ich den AB in meinen Fingern habe...

Gleich nach der Ankunft des ABs und einem "bin oben" ging's ans Werk. Die Ansage konnte man durch einen kurzen Druck auf entsprechenden Taster abhören. Nur das "piiieeeeeep" davor und das "piep-piep-piep-piep" danach nervten ein wenig. Also aufschrauben und erst einmal nachsehen, wie der Signalweg vom Lautsprecher ist.
Der Anschluss der Krachtröte führte über einen kleinen Verstärkertransistor und ein paar Umwegen zu einem IC mit dem Aufdruck 14066. Also erstmal Google anwerfen und nach dem guten Stück suchen. Hm, naja - viel zu viele Suchergebnisse. 14066... diese Art von Typenbezeichnung kenne ich doch irgendwo her. Wie wäre es denn mit einem 4066 aus den großen Logikreihen? Also mal nach CD4066 suchen. "CMOS Quad Bilateral Switch" - Also ein Multiplexer für analoge Signale. Hier war ich also schon einmal richtig. Mit einem kleinen Lautsprecher konnte ich testen, auf welchem Eingang was für ein Ton kommt. Wie erwartet kam das gepiepe und die Aufnahme aus zwei verschiedenen Richtungen. Damit das Signal in Zukunft noch noch von der Ansage kommt, habe ich die Leiterbahn zum Verstärker aufgetrennt und dafür die des Speichers damit überbrückt. Sieht dann so aus:
Hier werden keine Autos, sonder ICs kurzgeschlossen...
Die untere Markierung rechts am IC ist, wenn ich mich recht erinnere, der Ausgang an den Lautsprecher, oben liegt der "Piepeingang". Der Messpunkt kam zum überbrücken ganz recht.

Das einzig blöde an der Operation: Man konnte nicht mehr hören, wann die Aufzeichnung für die Ansage begann und dadurch, dass die Daten, die in den RAM geschrieben wurden, sofort wieder ausgelesen und ausgegeben wurden, gab es eine fürchterliche Rückkopplung.

Die Lösung für das neu geschaffene Problem war einfach: mit einen kleinen Schalter einfach zwischen den beiden Signalen umschalten. Damit man evtl. noch einen externen Verstärker anschließen kann, gleich noch einen zweiten Ausgang gelegt:
bessere Ausführung der Brücke

Natürlich ist es blöd, wenn man bei jeder (Gehirn-)Spülung zusätzlich den Deckel des ABs öffnen muss, um kurz auf Ansage zu drücken. Dazu kommt noch, dass manche dann ewig auf dem Taster bleiben und somit die schöne Ansage löschen. Also muss da auch noch etwas her. Klar, ein Monoflop mit Entprellung davor. Nur habe ich zu dem Zeitpunkt keine Lust auf Experimente mit dem NE555 und Monoflop in fertiger Bauform liegt auch nicht herum. Also back to the roots: Der Taster lädt einen, in Reihe geschalteten Kondensator auf, der nach kurzer Zeit voll ist und somit nicht mehr leitet. Mit diesem Signal konnte ich dann gleich einen kleinen Transistor ansteuern. Hinter dem Transistor hängt dann ein kleiner Optokoppler, der parallel zum Taster für die Ansage angeschlossen ist.

Monoflop
Das ist so ziemlich alles. Die zwei Elkos sind parallel geschalten, da die Zeit anfangs etwas zu kurz war. Der Widerstand zwischen den beiden Burschen entlädt sie, damit die Totzeit verkürz wird. Die Diode hinter den Elkos setzt die Spannung etwas herab, sodass der Abschaltzeitpunkt etwas genauer eingegrenzt ist. Der 10k-Widerstand entlädt IIRC die Elkos gegen Masse, damit die Schaltung auch nach mehreren Auslösungen noch vernünftig funktioniert. Ansatzweise kann man oben noch einen Widerstand erkennen, der den Ladestrom der Elkos begrenzt. Einen genauen Stromlaufplan müsste ich mal zeichnen, die Elektronik ist recht spontan entstanden und ich hab' die genaue Beschaltung und Werte nicht mehr im Kopf.

So, das war's.
Zusätzlich habe ich den Anrufbeantworter noch ein bisschen mit Silberstift dekoriert:
Klick mich!
Rechts oben befindet sich der Anschluss für einen externen Verstärker. Links (nicht sichtbar) ist der für den Taster.

Da Maistro nur einen Akku mit 14,nochwas Volt hatte und ich somit um meinen 10V-Anrufbeantworter ein bisschen Angst hatte, kam noch ein kleiner (weiterer) Murks her:
Einfach ein paar Dioden aneinander gelötet, das Ende mit der letzten Anode mit dem Akku verbinden und die richtige Spannung mit einer Krokoklemme abgreifen. Funktionierte, wie erwartet, sehr gut.

Klick mich!
Die Saufmaschine mit Anrufbeantworter. Leider konnte Maistro den Taster nicht in den Spülknopf bauen, da man den Deckel zum befüllen immer wieder abnehmen musste.

Gefüllt wurde der Automat übrigens mit reichlich "Goißamaß" (auch bekannt als Goaß), der Anrufbeantworter hingegen völlig alkoholfrei mit meinem MP3-Player ;).
Die Betankung des Spülkasten, bzw. das, was von der Mischung übrig blieb, sah meiner Meinung nach etwas arg widerlich aus. Ich weiß nicht, was mehr zum Brechen so mancher anregte: der Alkohol selbst oder der Anblick dieser Überbleibsel:
*würg* (Klick mich!)

Irgendwie war der Anrufbeantworter leiser als ich dachte. Für einen externen Verstärker hatte ich nichts herum liegen und so hörte man den Text nur leise.
Die Prüfungen waren dieses Jahr übrigens durchwachsen. So ziemlich alle Abiturienten klagten über die besch...eidenen Aufgabenstellungen.