Macht es inkompatibel!

Nicht ganz tagesaktuell, aber kürzlich habe ich gelesen, dass Apple angeblich vor hat, sich weiter von (mehr oder weniger) etablierten Standards entfernen will. Ist das klug?

Aber nochmal einen Schritt zurück: Macbooks. Irgendwann wurden die Gehäuse mit Pentalob-Schrauben ausgestattet. Es gibt keinen offensichtlichen technischen Grund dafür – außer User auszusperren. Die Repair-Szene und findige Geschäftsleute haben aber eine Marktlücke entdeckt und bedienen diese. Ist beim neuen Macbook Pro aber gar nicht mehr nötig, neben dem RAM ist nun auch die SSD aufgelötet*. Akkus sind seit Jahren schon verklebt. Dementsprechend schlecht ist der Repairability Score. Wir haben ein Wegwerfprodukt.

Aber das ist noch nicht alles. Seit einigen Jahren gibt es durchaus sinnvolle Vorhaben, Geräte untereinander zu vernetzen und kompatibel zu machen. Siehe DLNA und UPnP. Apple hat Airplay. Alle möglichen Player außerhalb des Apple-Universums können (bzw. dürfen) es entweder nicht oder die Hersteller müssen Lizenzen erwerben und ihr Zeug verdongeln.

Irgendwann gab es dann den Thunderbolt-Stecker – Die schnelle und leistungsfährigere Antwort auf USB. Ich meine einmal ein Host-Gerät außer halb des Apple-Universums gesehen zu haben. Ein paar Festplatten gab es noch, ansonsten hat sich aber USB gehalten.

Die später folgenden Lightning-Kabel sind auch sehr „nett“. Wo früher bei den i-Geräten Dock-Connectoren für Dritthersteller noch ein mehr oder weniger leichtes Zubrot waren, wurde bei den neuen Steckern Verdongelung mit Krypto eingeführt. Ich frage mich, wie gestört man sein muss, sich so hartnäckig gegen etablierte Standards zu stellen. Oder ist es reine Profitoptimierung? Nein, natürlich muss der Kunde die perfekte „Experience“ und „Performance“ mit seinem aus dem Ei gepellten Gerät haben. Kundenzufriedenheit ist das höchste Ziel – das bezahlt man schließlich auch.

Wie auch immer, für das nächste Telefon hat das Designhaus aus Cupertino angeblich weitere Schritte vor: Weg mit der 3,5 mm-Klinke! Klar, die ist klobig und groß. Und vor allem verdient man nichts am Zubehör! Nachdem das mit den frequenzmodulierten inkompatibel gemachten Fernbedienungstasten an Headsets schon nicht funktioniert hat, muss das eigentliche Problem weg. Es ist natürlich nicht dumm, den digitalen Signalpfad so lange wie möglich zu machen – sprich: Audiocodecs im Kopfhörer sind nicht kategorisch dumm. Denn dann kann der Benutzer entscheiden, wie gut die Wandlung sein soll. Auch die Möglichkeit, zum Beispiel Noise Cancelling-Funktionen direkt vom Mobilgerät aus mit Strom zu versorgen, hätte einigermaßen viel Charme. Aber: Das könnte man über USB (On-The-Go) genauso. macht nur keiner. Warum? Die meisten wollen ihre Kopfhörer auch woanders einstecken können. Ohne Adapter. So kann ich mir gut vorstellen, dass es einen Adapter von Lightning auf Klinke geben wird. Blöd nur, wenn man ihn verliert oder er die Anordnung Telefon <> Kopfhörer unnötig klobig macht.

Ok, das nächste Thema: Wireless Charging. Momentan gibt es zwei größere Player: WPC mit dem Qi-Standard und PMA (A4WP und Powermat). Qi ist meines Wissens in Europa „verbreitet“ (sofern man davon sprechen kann), in den USA wurden Powermat Ladestationen in den Tischen einer Kaffee-Kette eingelassen. Wie aktuell die Verbreitung aussieht: keine Ahnung. Kommen wir nun wieder zu Apple. Deren Smartwatch soll auf Qi basieren, ist damit aber nicht kompatibel. Es wird wirklich alles für den Ruf getan.

Angeblich soll auch an einem eigenen „Standard“ gearbeitet werden. Ob dieser nun für die nächsten Gadgets sein soll oder für das ominöse Autoprojekt – ich kann nur raten.

Eines kann ich aber mit großer Sicherheit Prophezeien: Es wird kompatibel sein. Zumindest mit den Geräten aus dem eigenen Haus. Mit allen anderen: Na, ratet mal 😉

Ich kann mir auch vorstellen, dass bald nach dem Wegfall der Klinke auch die dann letzte Buchse am i-Gerät fällt. Genauso dürften auch die Tage der SIM-Karte gezählt sein. Wir nähern uns dem vollständig geschlossenen System. Zumindest sind wir auf dem besten Weg dorthin.

*) was ich mich an dieser Stelle auch frage: was ist im Falle eines Systemcrashs? Datenrettungs-Dienstleister haben dort aufgrund der Proprietät sicher schlechte Karten. Ob an der „Genius-Bar“ Datenrettung gemacht wird, halte ich auch für fraglich. Aber nein, als gewissenhafter User macht man natürlich ein Backup auf die „Time Capsule“