Löten mit Bums

Manchmal muss man schwerwiegende Entscheidung treffen. Bei der Kamera Canon oder Nikon, als Editor Emacs oder Vi(m) und bei Haushaltsgeräten Miele oder Bosch.

Genauso geht es einem als Bastler wenn, man sich vornimmt ernsthaft zu Löten: Ersa oder Weller?

Ich könnte und durfte schon Lötkolben und -stationen von beiden Herstellern in den unterschiedlichen Preisklassen benutzen. Jetzt könnte man behaupten „heiß werden sie doch alle, wozu viel Geld ausgeben?“ Das ist natürlich richtig, aber nicht die ganze Wahrheit.

Dass ein Lötkolben am einen Ende heiß sein sollte, muss man nicht erklären, die Frage ist nur: wie schnell und vor allem gut geht das? Da spielt nicht nur Leistung eine Rolle, sondern auch, wo die Hitze her kommt und wie fein sie geregelt wird. Wenn man manche Lötkolben anschaut, könnte man sie mit einem Herd vergleichen, bei dem zwar der Backofen eingeschaltet ist, die Pizza auf dem Tresen liegen bleibt. Hitze ist da, aber an der falschen Stelle. Lange Spitzen oder sehr weit hinten liegende Heizelemente bringen nicht viel. Da hilft auch viel Leistung nichts, da sie nicht dort ankommt, wo sie gebraucht wird.

Um Zahlen zu nennen: Die Steckdosen-30-Watt-Lötkolben machen nur bedingt glücklich, mit ihnen kann man mal einen Kondensator oder einen DIP-IC auf Lochraster festbraten, das war es dann aber auch schon. Für gedruckte Schaltungen (vor allem mit großen Masseflächen) sollte es mindestens das doppelte sein. Auch beim Entlöten lernt man schnell ankommende Wärme zu schätzen. Noch zuletzt, weil es auch schonender für das zu entfernende Bauteil und die Leiterplatte ist.

Neben den Leistungsdaten zählt auch das Handling des Lötkolben: ich hatte lange Zeit einen mit PVC-Zuleitung und war es gewohnt, dass es eine etwas hakelige Angelegenheit ist. Sobald man etwas vernünftiges mit Silikonleitung (bzw. hochflexiblem Material) in der Hand hatte, will man nichts anderes mehr.

Genauso ist der (oft nicht berücksichtigte) Abstand von Handgriff zu Spitze wichtig – bei vielen ist dieser eindeutig zu groß, wodurch man Lötstellen gerne mal „verzittert“ oder durch den flachen Winkel beim Auflegen der Hand andere Bauteile ansengt.

Dann kommt natürlich noch die Regelung. Ja, das Magnastat-Verfahren von Weller funktioniert auch heute noch, aber man will flexibel sein. Früher musste man sich in der Fotografie für 36 Fotos für eine Bildempfindlichkeit entscheiden, heute reicht ein Knopfdruck. Genauso will man die Löttemperatur festlegen: Für viele Fälle reicht zwar nach wie vor eine feste, bei empfindlichen Bauteilen kann man aber schnell man runterdrehen und muss an der Hardware nichts verändern. Aber das hat mit der Regelung selbst recht wenig zu tun.

Diese muss im Prinzip nur zwei Eigenschaften haben: schnell und präzise. Hört sich einfacher an, als es ist. Denn: für schnell braucht man einen Temperaturfühler der möglichst nah an der Spitze ist (wo eigentlich das Heizelement sein sollte), gleichzeitig darf der Fühler aber nicht zu stark vom Heizelement verfälscht werden. Dann darf der Regelalgorithmus nicht zu sehr über das Ziel hinaus schießen bzw. darf nicht anfangen zu schwingen. Eine vernünftige Regelung ist alles andere als trivial, nicht umsonst beschäftigen sich eigene Vorlesungen dafür.

Aber zurück zum eigentlichen Thema:

Welches Modell von welchem Hersteller kauft man?
In meinem Praxissemester habe ich sowohl mit einem Weller WD 1000 als auch einer i-Con von Ersa gelötet und ich muss sagen, dass mir die letztere besser gefallen hat, weswegen sie jetzt auf meinem Werktisch steht:

ERSA i-Con 2 mit i-Tool

Die Lötergebnisse waren in etwa gleich, wobei die Ersa mit ihren 150 Watt Anheizleistung (Weller – wenn ich mich recht erinnere – 80 W) deutlich schneller auf Temperatur war und größere Masseflächen besser bewältigte. Bei der Ersa hat mir allerdings auch das Handling deutlich besser gefallen. Bei der Weller (mit zwei Ausgängen) war die Bedienung etwas unintuitiv – v. a. wenn die Station sich in den Standby versetzte, wusste ich nicht wirklich, wie man sie wieder richtig aufweckt. Ich glaube man muss man zwei der Softkeys gleichzeitig drücken, allerdings ich habe meistens einfach die Temperatur verändert, wobei oft der falsche Ausgang selektiert war und somit „mein Kolben“ kalt blieb. Dem kann man zwar mit einem Halter mit Werkzeugerkennung entgegenwirken, das Konzept wirkt auf mich aber etwas halbgar, da man den Halter mit der Versorgungseinheit Verbinden muss und die Erkennung über eine Wippe funktioniert, auf die man den Lötkolben legt. Dieser ist beim Ablegen zwar sicher verstaut, trotzdem ist es eine wackelige Angelegenheit.

Ersa hat das beim i-Tool, dem Standardwerkzeug für die i-Con, deutlich cleverer gelöst: im Griff befindet sich ein Sensor, der den Halter erkennt. Keine Wippe, keine zusätzliche Leitung. Neben diesem Sensor befindet sich im Lötkolben selbst noch weitere Elektronik. Das kann man für übertrieben halten, andererseits ist es ein konsequenter Schritt: Es können Werkzeuginfos (Typ, Regelparameter, Kalibrierdaten) gespeichert und gleichzeitig Adern in der Zuleitung gespart werden, was diese dünner und somit flexibler macht.

Mit der Erkennung der Ablage hat Ersa noch etwas anderes cleveres gemacht: wird das/der i-Tool aufgenommen, wird er nicht nur auf Nenntemperatur gebracht, sondern auch im Menü ausgewählt. Man muss also nichts mehr drücken, wenn man die Temperatur von dem Lötkolben ändern will, den man in der Hand hält. Praktisch. Beim Einstellen der Temperatur kann man (wie bei fast allen anderen Stationen auch – unnötigerweise -) auf das Grad genau die Solltemperatur einstellen, wobei die Station bei schnellerem Drehen in sinnvoll(er)en Schritten springt.

Mit einem Druck auf den Drehgeber fängt die Station dann kurz an zu brummen und der Lötkolben wird auf die neue Temperatur gebracht, was auch auf dem Display durch einen Leistungsbalken angezeigt wird.

Die Aufheizzeit ist übrigens sehr schnell. Von 20 auf 350°C vergehen etwa 10 Sekunden. Ein kurzes Video (allerdings mit 360°C) hierzu ist auf YouTube zu finden. Sollte die Station nach längerer Zeit in den Standby fallen, senkt sie die Temperatur automatisch auf 250 Grad ab (sowohl Wartezeit als auch Temperatur sind einstellbar). Nimmt man den Kolben raus, ist die Spitze quasi mit dem Erreichen der Lötstelle auf Zieltemperatur. Dazu gibt es auch ein reichlich unspektakuläres Video.

Geht man dann mit dem i-Tool auf eine große Metallfläche, springt die Leistungsanzeige fast zeitgleich nach oben. Es wird also dafür gesorgt, dass die nötige Wärme so schnell wie möglich nachgeführt wird. Damit kann man selbst mit der relativ kleinen (mitgelieferten) 1,6 mm Meißelspitze sehr große Masseflächen mühelos verzinnen und Bauteile darauf verlöten. Das berühmte Spiel Münzen zusammenlöten funktioniert auch sehr schnell und zuverlässig:

Münzen

Natürlich soll das mit Geld nicht machen. Ich hab es nur getan, damit ihr es nicht mehr machen müsst: Video hierzu.

Gleichzeitig ist die Messung/Regelung der Temperatur so empfindlich, dass selbst ein Anpusten der Lötspitze zur Erhöhung der Heizleistung führt.

Alles in allem kann ich sagen, dass sich die Investition in die Ersa i-Con absolut gelohnt hat. Ist zwar nicht ganz billig, dafür bekommt man aber ein erstklassiges Werkzeug, das ich nicht mehr aus der Hand geben möchte.

2 Gedanken zu „Löten mit Bums

  1. Wie wärs mit technik von hier:
    http://www.aoyue.de/
    Vernünftige technik kostet schon ’nen Pfennig ,
    muß aber nicht so übertrieben teuer sein
    wie die deutschen Markenhersteller.

  2. Ich hatte von Aoyue leider noch nichts in der Hand und möchte sie deswegen auch nicht mit den anderen „China-Herstellern“ über einen Kamm scheren – allerdings hat meine Erfahrung gerade im Vergleich Weller/Ersa mit anderen gezeigt, dass Qualität eben kostet (bei mir sind schon solche zwei Stationen am falschen Ende heiß geworden).

    Über Preise kann man (teilweise völlig zurecht) streiten – genauso über die Tatsache ob eine Lötstation wirklich ein grafisches Display braucht.

    Mittlerweile vertrete ich die Meinung, dass sich der Kauf von „billigem“ Werkzeug in vielen Fällen nicht lohnt – „wer billig kauft, kauft zweimal“ bzw. „ich bin zu arm, um billiges Werkzeug einzukaufen“.

    Natürlich muss man hier die Verhältnismäßigkeit sehen – Man kauft ja auch keinen Porsche um zum Bäcker zu fahren 😉

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