Lageerkennung als MEMS noch teuer war (Part 2)

Weil die Teile der anderen Kamera doch noch herausgekommen sind, so hat es Canon früher bei den EOS gemacht:

Die gezeigte Fläche zeigt nach unten (in Richtung Stativgewinde)

Die beiden Bauteile auf der „Origami FPC“ erwecken schon den Eindruck von Gabellichtschranken. Setzt man den Schraubendreher an, kann man den Deckel öffnen und sieht dann sogleich die Plastikkugel, die je nach Lage den Lichtstrahl unterbricht:

Lageerkennung als MEMS noch teuer war

Durch Zufall ist mir vor kurzem eine ältere kaputte Canon-Kompaktkamera in die Hände gefallen. Eigentlich war ich nur an der Optik interessiert, das Mainboard wanderte aber nicht direkt in die Tonne.

Als ich es heute dann doch mal in die Recycling-Box packen wollte, fiel mir ein Bauteil auf:

Neben Controller, Speicher, Oszillator und weiteren befindet sich ein eher auffälliges Bauteil auf der Leiterkarte

Hoch und Keramikdeckel. So ähnlich sahen auch schon die früheren Beschleunigungssensoren aus Thinkpads aus. Unter dem Aufdruck „1453K“ bzw. „35184“ ließ sich nichts im Netz finden. Da der Deckel etwas übersteht, warum nicht mal daran knibbeln?

Das war etwas unerwartet. Der kleine Metallpuck lässt sich frei bewegen und obwohl er sehr nach Neodym-Magnet aussieht, ist er nicht einmal ferromagnetisch. Die Scheibe oben ist von innen mit Gold beschichtet, der Grundkörper hat 3 Löcher. Bei genauerem Blick entpuppen sich diese als…

…etwas optisches!

Durch etwas mehr Knibbeln lässt sich der Körper entfernen:

Klick macht wie immer groß

Meine beste Vermutung ist: oben eine (IR-)LED, links und rechts Fotodioden. Der Deckel dürfte ein ziemlich guter Reflektor sein. Je nachdem, wo die Metallscheibe liegt, lassen sich alle für die Fotografie grundlegend wichtigen Lagen für Portrait und Landscape erkennen, das sogar binär. Rechts im Bild ist Kamera oben, nennen wir den rechten Sensor (oben) mal 1 und den linken (unten) 2, so erhalten wir folgende Zustände:

Sensor 2Sensor 1Lage ScheibeOrientierung
dunkeldunkellinksPortrait (90° )
dunkelhelluntenLandscape (0°)
helldunkelobenLandscape kopfüber (180°)
hellhellrechtsPortrait (270°)

Genial einfach und „damals“ einfach genial. Leider habe ich die Innereien einer alten Canon DSLR schon weggeworfen, dort befanden sich zwei gedeckelte Optokoppler, im 90° Winkel angeordnet, mit zunächst unbekannter Funktion. Beim Schütteln haben sie geklappert, beim Öffnen kam jeweils eine kleine Plastikkugel entgegen. Die Mechanik ist vermutlich auch der Grund, warum sich meine olle PowerShot eine Zeit lang entschied, alle Bilder im Portrait darzustellen – vermutlich ist Feuchtigkeit in den Sensor gekommen und hat die Kugel/Scheibe „verklebt“.

In meine aktuelle Kamera (von 2016, wie die meisten anderen) hat mittlerweile einen Beschleunigungssensor und schreibt die Informationen sogar in die Bilder:

Accelerometer Z                 : 132
Accelerometer X                 : -8
Accelerometer Y                 : 213
Camera Orientation              : Tilt Downwards
Roll Angle                      : -3.2
Pitch Angle                     : -58.1

Good boy. Leider fehlen bei der Lumix so Informationen wie Temperatur und intrinsische GPS-Koordinaten (GPS-Tagging per Handy ist Mist).

Wer den Lagesensor noch einmal genauer (allerdings nicht ganz so guter Abbildungsleistung) sehen will, here you go: