Kameratimer

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Version vom 10. Oktober 2010, 22:05 Uhr von Chris (Diskussion | Beiträge) (Seite erstellt)
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Der fertige Timer samt Kamera
Gehäuse des Timers - das mit den Ausschnitten übe ich noch...

Nachdem sich meine alte Kompaktkamera kurzzeitig verabschiedet hat und ich für den Urlaub etwas kleineres wollte, legte ich mir einen Ersatz zu. Ergebnis: Es liegen 3 funktionierende Digitalkameras herum.

Um die wieder gut funktionierende PowerShot nicht in der Ecke vergammeln zu lassen und mich schon länger Zeitraffer-Aufnahmen interessieren, beschloss ich, das Teil ein wenig umzubauen:

Fernauslöser für die PowerShot A95

Das Fernauslösen der A95 ist zwar möglich, jedoch nur per PC und einer Software von Canon. Mit ihr können zwar auch Zeitraffer-Aufnahmen gemacht werden, allerdings ist es nicht besonders effizient und auch umständlich, den Computer zu transportieren bzw. tagelang laufen zu lassen.

Eine weitere Möglichkeit der Fernauslösung existiert nicht, da weder Auslöser-Eingang noch eine modifizierte Firmware bzw. Erweiterung wie CHDK für die Kamera existiert.

Also muss man selber für den Fernauslöser-Eingang sorgen.

Die Peripherie rund um die Hauptplatine ist hauptsächlich in Flexprint (dieses Polyimid-Zeug) ausgeführt, das man nicht gerade mit einem Dachrinnenbrater bearbeiten sollte. Gleichzeitg sind die Leiterbahnen sehr fein und lassen sich manuell schlecht verfolgen.

Hier hilft es, die verdächtigen Stellen zu fotografieren und die Leiterbahnen mit Bildbearbeitung zu markieren und verfolgen.

Praktischerweise enden die für den Auslöser relevanten Leitungen an einer gut erreichbaren Stelle und sind gut lötbar. Mit Fädeldraht kontaktiert muss das Zeug nur noch von außen erreichbar werden.

Zum Glück findet sich im Gehäuse noch ein freies Fleckchen: neben dem Stromanschluss ist genug Platz für eine Buchsenleiste im 1,27mm Rastermaß. Für diese muss lediglich die Gummiabdeckung der restlichen Buchsen weichen. Mit Epoxid-Kleber hält das Teil bombenfest und die Kamera sieht von außen fast normal aus.

Leider existieren von der internen Verdrahtung keine detaillierten Fotos. Bei Interesse kann ich diese jedoch gerne nachreichen.

Auslöser

AVR
Typ ATtiny26
Takt 3,2768 MHz
Fuses
High 0xF4
Low 0xB7
Engbedded com logo.png Details

Jetzt muss die Kamera "nur noch" ausgelöst werden. Schließlich wäre das Ziel verfehlt, wenn man den ganzen Tag mit Uhr neben der Knipse sitzen und aufs Knöpfchen drücken müsste.

Diesen Job soll ein ATTiny26 übernehmen, dessen Speicher sich im Nachhinein als etwas knapp erwiesen hat.

Um den AVR versammeln sich nur wenige Komponenten: Als Taktquelle dient ein 3,2768MHz Quarz, die Anzeige übernimmt ein 1x20 Character LCD und zur Eingabe dient ein Drehgeber mit Taster den ich mal aus einer HP-Knipse geschlachtet habe. Zum Auslösen selbst wird ein einfacher Optokoppler (Typ weitestgehend unbekannt) verwendet.

Der Drehgeber hat einen Vorteil und gleichzeitig auch Nachteil: Eine Raste sind zwei Übergänge der Ausgänge. Dadurch wird die Software nicht kompatibel mit anderen Drehgebern. Vorteil: die Auswertung ist etwas kompakter.

Das LCD wird (nach Anfangsschwierigkeiten mit einer anderen Bibliothek) mit dem großartigen Code von Peter Fleury angesteuert.

Bedienkonzept

Ohne gute Bedienbarkeit hilft der beste Code im Hintergrund nichts. Zugegebenermaßen muss man sich bei einer etwas besseren Eieruhr keine Gedanken über die Usability machen, ein klein bisschen Komfort sollte aber drin sein.

Die Software kennt vier Menüpunkte:

  • Low-Zeit des Ausgangs (L)
  • High-Zeit des Ausgangs (H)
  • Anzahl der Schaltvorgänge (n)
  • Statusanzeige/Verbleibende Zeit zum Zustandswechsel (R)

Die Dauer der High-Zeit ist für Langzeitbelichtungen im BULB-Modus (also deutlich über den maximalen 30 Sekunden – nur für Spiegelreflexen relevant) gedacht.

Mit dem Drehgeber kann man im ersten Modus durch die verschiedenen Menüpunkte wechseln. Drückt man den Drehgeber, wechselt der Modus zur Stellenwahl. Hier kann man nun auswählen, welche Stelle des angezeigten Werts bearbeiten will.

Nach einem weiteren Druck kann man dann durch Drehen den Wert erhöhen bzw. verringern.

Die verschiedenen Modi rotieren momentan durch. Intuitiver wäre es meiner Meinung noch, wenn man zwischen Wahl der Stelle und Erhöhen/Verringern so lange hin und her wechselt, bis man nicht mehr "am Rädchen dreht". Damit man auch weiß was man macht, wir der aktuelle Modus per Symbol auf dem Display angezeigt.

Neben dem Modussymbol wird angezeigt, ob der Timer aktuell läuft (Play-/Stopp-Symbol), da die Parameter auch während dem Laufen des Timers verändert werden können.

Bei der Anzeige der verbleibenden Zeit zum Zustandswechsel wird zusätzlich die nächste Flanke (steigend oder fallend) angezeigt.

Software

Herzstück ist der Timer des AVRs, der eine Zeitbasis von 0.1 Sekunden schafft. Dies ist gleichzeitig auch die kleinste einstellbare Einheit. Im Timer-Interrupt wird die komplette Verarbeitung der Schaltzeiten und der Ausgabe übernommen. Das Benutzerinterfache ist komplett im (berüchtigten) Main-Loop untergebracht. Sämtliche Benutzereingaben werden gepollt. Um das Entprellen der Taster zu sparen ist der restliche Code bewusst *hust* ineffizient.

Aufbau

Ursprünglich sollte die Schaltung (aufgrund der geringen Komplexität) auf Lochraster aufgebaut werden. Nachdem ich sowieso ein paar Leiterplatten fertigen lassen wollte, kam das Layout eben noch dazu.

Das verwendete Display hat seine Anschlüsse mit 2x7 Pins auf der linken Seite. Dementsprechend wurde die Anschlussbelegung am Mikrocontroller angepasst. Mit Stift- und Buchsenleiste ist der Abstand zwischen Platine und Display genau so, dass man die ICs sockeln kann. Leider passt der hohe Quarz nicht mehr stehend darunter (zumindest der, den ich da hatte).

An zwei Stellen war noch etwas knobeln angesagt: Beim Anschluss der Kamera und des Drehgebers. Leider hatte ich mir beim Test auf dem Breadboard nicht aufgeschrieben, wo was war. Etwas hakelig war auch die Kontrastspannung – aus irgendwelchen Gründen habe ich auch nach längerem probieren keine vernünftige Widerstandskombination gefunden. Schlussendlich habe ich am Rand der Platine ein Poti angelötet.

Anschluss an die Kamera

Belegung des 2.5mm-Klinkensteckers für Canon-Fernauslöser

Der Anschluss für die Kamera ist eine 2,5mm-Klinkenbuchse. Diese hat den Vorteil, dass man die kleineren Spiegelreflexen von Canon direkt mit einem einfachen Klinkenverbinder angeschlossen werden können. Am Fernauslösereingang der SLRs (zumindest an der EOS 400D) liegt eine Spannung von 3,3V an, beim Ziehen auf Masse wird je nach Pin entweder fokussiert oder ausgelöst. Zieht man den Pin zum Auslösen auf Masse, ohne zuvor zu fokussieren (oder auf manuellen Fokus eingestellt zu haben), holt dies die Kamera vor dem Auslösen nach, was den Vorgang verzögert.

Dieses Verhalten habe ich bei der PowerShot nicht beobachten können. Wird nur die Leitung zum Auslösen auf Masse gezogen, passiert nichts. Werden beide Leitungen gleichzeitig auf Masse gezogen, löst die Kamera ohne Probleme aus. Um einen zusätzlichen Optokoppler zu sparen, habe ich die Fokussier- und Auslöseleitung im Timer verbunden. Das hat zur Folge, dass die Kamera, wenn sie am Timer angeschlossen ist, auch dann auslöst, wenn man den Auslöser nur halb drückt.

Die Verschaltung scheint nach einem Blick auf die Innereien des RS-60E3 üblich zu sein und sollte zu keinen Problemen führen.

Trivia

Die Software/Hardware hat mich ziemlich gefuchst. Aufgrund des Platzmangels war kein Debugging über UART möglich, Hardware für „richtiges“ Debugging ist leider auch nicht vorhanden. Ich habe bis heute nicht herausgefunden, woran sich der AVR gestört hat. Manchmal funktionierte das Teil, manchmal auch nach dem 10. Mal einschalten noch nicht. Auch ein nachträglicher Reset brachte nichts – es war wie verhext. Es war kein offensichtlicher Hard- oder Softwarefehler zu finden. Eines ist sicher: Nie wieder Smileys auf einem Layout.

Die Probleme waren auch der Grund dafür, warum ich das Projektchen erst fast ein Jahr nach dem eigentlichen Aufbau dokumentiere.

Tipps für Aufnahmen

Beim ersten Test musste eine Amaryllis herhalten. Aus dem Versuch kommen folgende Erkenntnisse:

  • Energiesparlampen sind trotz Weißabgleich für die Beleuchtung ungeeignet
  • Bildausschnitt immer großzügig wählen, zuschneiden kann man später immer noch
  • Manuellen Fokus verwenden
    • Geringere Auslöseverzögerung
    • Vermeidung wandern der Schärfeebene
    • Schärfenebene so einstellen, damit zum Schluss auch das Interessante scharf ist
  • Bei der Aufnahmedauer, dem Intervall und dem damit verbundenen Speicherplatzbedarf lieber zweimal rechnen
  • Bildnummerierung vor der Aufnahme zurücksetzen
"Stromspar"-Stecker

Leider löschen die ganzen kompakten Canons den AF-Lock, sobald das Display abgeschaltet wird. Mit einem kleinen Trick kann man das Display abschalten, ohne die Aufnahmeparameter zu beeinflussen: Steckt man eine 3,5mm-Klinke in den Videoausgang, wird das interne Display abgeschaltet. Der Bildsensor bleibt bei diesem „Trick“ jedoch aktiv, was eine deutlich höhere Stromaufnahme im Gegensatz zum Standby-Modus bedeutet.

Bei einer zweiten Testaufnahme eines Sonnenuntergangs habe ich festgestellt, dass die automatische Belichtungssteuerung erstaunlich „geschmeidig“ arbeitet. Unter den knapp 400 Fotos waren trotz kurzzeitigem Gegenlicht keine Ausreißer.

Als Warnung sei noch angebracht, dass Bildsensoren nicht unbedingt dafür ausgelegt sind, längerer Zeit direkte Sonneneinstrahlung auszuhalten. Auf gut Deutsch: Wenn man einen Zeitraffer von der Sonne macht, kann mit dem Bildsensor dasselbe wie Ameisen passieren, die mit der Lupe brutzelt.

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kommt noch ;)