Nixie-Uhr

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Version vom 3. Oktober 2007, 23:10 Uhr von Chris (Diskussion | Beiträge) (...to be continued...)
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Vor ein paar Wochen fand ich eine schon etwas betagte Platine mit ein paar Nixie-Röhren. Also schnell fragen, ob die Platine noch gebraucht wird und freuen, dass es nicht der Fall ist!


Aber halt, stopp, Moment! Was sind überhaupt Nixies?

Nixies sind mit Neon gefüllte Röhren, in denen sich dünne, aus Blech ausgestanzte Ziffern befinden. Diese Ziffern sind mit feinen Drähtchen mit "der Außenwelt" verbunden. Um die feinen Plättchen befindet sich ein feines Gitter, die Anode. Nixies funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie Glimmlämpchen, der Glimmentladung. Die Nixie-Röhren sind (fast) immer wie folgt aufgebaut:

Nixie-Aufbau.gif

Damit die Plättchen zum leuchten angeregt werden, müssen sie wie Glimmlämpchen mit Spannung versorgt werden - mit dem Unterschied, dass bei Nixies Gleichspannung verwendet wird, da sonst auch das Gitter leuchtet. Wichtig ist hier nur noch, dass die Spannung stimmt (meist um die 60-90V) und dass die Kathode an Masse liegt.

Jetzt habe ich ungefähr erklärt wie Nixies aufgebaut sind und wie sie funktionieren - aber woher kommt der Name? Ende der 50er hat die Entwicklung der "numerischen Indikatoren" in der Firma Burroughs begonnen. Dort wurden sie unter dem Namen "Numeric Indicator Experimental No. 1" als Patent angemeldet, In der Firma war der Kurzname der Anzeigen "NIX 1". Da es sich auch als Nixi liest, bürgerte sich der Name "Nixie" relativ schnell ein (nachzulesen unter http://www.vcalc.net/display2.htm).

Jetzt wäre schon einmal geklärt, was Nixies sind. Aber was soll ich mit ihnen machen? Inspiriert durch Internetseiten wie CrappyThumb ist es schnell klar: Es wird eine Uhr gebaut!

Als erstes werden die Röhren genauer unter die Lupe genommen - ich will ja wissen, ob alle noch funktionieren.

NEC 236 LD8007

So sehen sie aus: NEC 236 LD8007 mit schon fast niedlicher Zeichenhöhe von 10mm. Sie können Zahlen von 0-9 sowie einen Punkt darstellen. Der große Vorteil an den Röh(ch)ren: Die Beine sind mit der Halterung 2,54mm auseinander. Die Beine sind genauso wie bei einem IC im DIP 14 Gehäuse angeordnet.


Test einer Röhre

Um zu testen, ob die Nixies noch leuchten, oder schon so viel Luft gesaugt haben, dass das Neon schon zu wenig ist, dass sie leuchten, habe ich die einzelnen Röhren kurz an meine Plasmakugel gehalten. Wie du auf dem Foto siehst, leuchtet außer der 4 auch das Neon am Glaskolben. Dies kommt allerdings daher, dass das Neon durch die hohe Spannung am Glaskörper angeregt wird. Im späteren Betrieb sieht man das Leuchten selbstverständlich nicht mehr. Rechts in der Nixie ist ein blauer Streifen zu sehen - das ist der Sauerstoff, das die Röhre mit der Zeit gesaugt hat.

Alle Nixies sind soweit ok, bis auf dass sie eine schon sehr hohe Zündspannung von 90V haben. Da kommt auch schon die nächste Frage: Wie mit einer Logik-Schaltung, die mit 5V arbeitet, 90V schalten? Treiber-ICs, die 100V und mehr schalten können kosten einiges und bei BC548 o. ä. ist bei 30V Schluss. Relais? Nein. Erstens sind die zu laut und zweitens zu teuer.

Die Lösung kommt von Fairchild! Der gefundene Transistor nennt sich MSPA42 und reicht dicke für die Anwendung. VCES=300V und IC=500mA. ...und Wunder, oh Wunder: Reichelt bietet die Transistoren für 9ct das Stück an. Meine Uhr hat 6 Stellen, 10 Zahlen: 60 Transistoren. Aber Stopp: Normalerweise geht doch eine Uhr nur bis 23:59:59. Sprich: wir brauchen nicht 60 MPSA42, sondern nur noch 45. Somit erspart man etwas Geld und Lötarbeit.

Aber was, wenn ein Transistor stirbt und einen Kurzschluss zwischen Basis und Kollektor verursacht? Einen absoluten Schutz möchte ich nicht einbauen, aber ein bisschen sollte schon drin sein: Ein 47k-Widerstand an der Basis begrenzt den, im Schadensfall fließenden Strom, auf etwa 5mA. Die Logik sollte das ganze zumindest für kurze Zeit aushalten können.


Also: EAGLE anwerfen - jetzt wird gezeichnet!

Die länglichen "Dinger" oben sind die Röhren (der Streifen darin ist die Anode [Gitter], die Punkte die jeweiligen Ziffern), die Kreise dazwischen kleine Glimmlämpchen. Die Widerstände haben alle den Wert 47k 1/4W und die Transistoren sind MPSA42. Die Wirepads habe ich zur Übersichtlichkeit hinzugefügt, später werden die Flachbandkabel direkt an den Widerständen angelötet. Die Anoden der einzelnen Nixies könnte zusammengefasst werden. Ich habe sie getrennt gelassen, da man somit die Helligkeit der einzelnen Röhren besser einstellen kann.


Nixie-Dimm-alt.jpg

Damit die Helligkeit der einzelnen Röhren verändert werden kann, verwende ich Potis, die zusätzlich 100k-Widerstände zur Strombegrenzung besitzen. Der Widerstand lässt sich somit zwischen 100 und 200kΩ regeln.

Jetzt geht es zum ersten Testlauf - aber Moment: Woher die Spannung für die Nixies nehmen? Netzspannung wäre möglich, den Knall, der bei einer Fehlfunktion auftreten werden würde, möchte ich nicht miterleben. Strombegrenzung durch Lastwiderstand? Nein, eine Heizung will ich nicht unbedingt bauen... Ein kleiner Trenntrafo wäre es, liegt momentan aber nicht herum. Dafür aber zwei 9V-Transformatoren! Beide haben einen nicht gleichgerichteten Ausgang, also ideal für meine Anwendung: Der erste Transformator wandelt die Netzspannung in 9V um, der zweite wieder zurück nach ungefähr 200V. Der erste Transformator liefert gleichzeitig die Spannung für die Logik-Schaltung. Das schöne an der ganzen Sache: Der Strom vom zweiten Trafo ist begrenzt und der Trafo ist galvanisch getrennt, was bedeutet, dass man Kontakt zu beiden Ausgängen am Trafo (bzw. dahinter) haben muss, um einen Stromschlag zu bekommen. Wenn man es genau nimmt ist aber auch diese Lösung nicht unbedingt optimal, da zweimal einiges an Energie als Wärme an den Transformatoren "verloren" gehen. Eine bessere Lösung hierfür wäre ein Schaltregler. Mehr dazu später.

Die Nixies leuchten prima, als ich eine der Glimmlampen anschließe gibt es allerdings einen blauen Funken und einen lauten Knall. Sch... Vorwiderstand vergessen! Also schnell noch einen Vorwiderstand einbauen und an den Trafo anschließen (mit an die Stromversorgung der Nixies - Gleichstrom. Deshalb leuchtet auch nur eine Elektrode)

Eine Glimmlampe, nachdem sie ohne Vorwiderstand an 120V betrieben wurde

Rechts sieht man, wie es aussieht, wenn man eine Glimmlampe erst ohne Vorwiderstand und danach mit richtigem Vorwiderstand an Gleichstrom betreibt. Unten in der Lampe sprang ein Funke über und machte die Elektrode an der Stelle dicht. Mit Wechselstrom und ein bisschen Geduld (um die halbe Stunde) erholte sich die gute wieder und leuchtet nun (fast) wie vorher. :)

Damit ich die Schaltung testen kann, muss noch das Netzteil gebaut werden. Die ungefähr 200VAC vom zweiten Transformator müssen gleichgerichtet und ein bisschen geglättet werden, damit sie nicht flackern. Die Glättungselkos sollten aber nicht allzu groß ausfallen, da es bei einem Kurzschluss sonst mächtig knallen kann. Ich habe 2 22µF/160V in Reihe geschaltet. sie halten somit 320V aus und die Kapazität halbiert sich auf 11µF. Damit sich die Elkos nach dem Abschalten möglichst schnell entladen (da die Röhren nur ab 90V merklich Stromaufnahme haben). Dazu habe ich 3 3MΩ 1/4W-Widerstände parallel geschaltet. Der Widerstandswert drittelt sich, die Leistungen addieren sich. Die Widerstände verbraten bei 200V zwar "nur" 0,04W (sie würden knapp das 18-fache aushalten) aber "sischär is sischär" ;) Die 5V für die Steuerung kommt von einem 78(L)05, der in Standard-Beschaltung betrieben wird (Gleichrichten, Glätten, 7805, 100nF Kerko, 100µF Elko).

Das: links unten die Anschlüsse für die Nixies, rechts für die Logik. Bei den Elkos links sollte man vermeiden, beide Gehäuse gleichzeitig zu berühren, da dort doch einiges an Spannung anliegt.


Steuerung

Hier muss man überlegen, was die Uhr überhaupt machen muss. Die wohl wichtigere Frage dürfte aber vorerst sein "womit?". Zähler gibt es ja sehr viele. Binäre oder dezimale Zähler mit xyz Ausgängen. Was wir hier brauchen wäre ein 10-Stufiger Zähler mit dezimalem Ausgang. Der CD4017 kann das und ist bei Reichelt recht günstig zu bekommen. Jede Stelle der Uhr bekommt einen CD4017. Das Carry-Out der Einer der Sekunden, Minuten und Stunden wird mit dem Takteingang der Zehner verbunden. So kann die Uhr schon einmal die Sekunden, Minuten und Stunden zweistellig nach oben Zählen. Wen das Wort "Carry-Out" irritiert: Es ist ein Übertrag, der gerade für einen solchen Verwendungszweck eingebaut wurde. Man könnte statt dem Carry-Out-Signal auch den Ausgang für die 0 verwenden, aber wenn es schon einen Übertrag gibt, muss man keinen Umweg gehen. So weit, so gut - aber wie bringt man die Uhr dazu, nach 59 Sekunden dazu, den Sekundenzähler wieder auf 0 zu setzen und die Minuten eines weiter zu zählen (Selbes natürlich bei den Minuten)? Na klar: 60 Sekunden dürfen nicht erreicht werden, deshalb kommt an den Ausgang 6 der Sekunden-Zehner eine Verbindung zum Reset des ICs und gleichzeitig eine Verbindung zum Takteingang der Minuten-Einer. Ja wunderbar, das sollte so klappen. Aber ein Tag hat eine "krumme" Anzahl von Stunden. Bei 20 oder 30 Uhr auf 0 umschalten ist nicht drin. Die Uhr soll bei 24:00:00 auf 00:00:00 umspringen. Sprich: Der Stunden-Zehner muss den Wert 2 haben und gleichzeitig der Stunden-Einer den Wert 4. Ein UND-Gatter (74HCT32) muss her! That's it - die Uhr würde jetzt schon funktionieren.

Wobei... die Uhr würde mit einem geeigneten Taktgeber richtig funktionieren. Aber wer schaltet die Uhr jedes mal um Mitternacht ein, wenn er sie stellen will? Einfach kurz 5V an die Takteingänge anschließen geht nicht, da die ganzen ICs bei Low auf Masse ziehen. Dioden würden funktionieren, wenn aber Low (also GND) an den Dioden anliegt, kommt hinten nicht GND heraus, sondern ein unbestimmtes Signal zwischen GND und 5V. Genau das sollte man vermeiden, da sonst irgendwann die Uhr verstellt wird. ODER-Gatter sind hierfür eine bessere Lösung. Die Ausgänge der ODER-Verknüpfungen werden an die Takteingänge der jeweiligen Zähler angeschlossen (nur die Einer), ein Eingang der einzelen ODER wird an den Übertrag vom letzten Zähler angeschlossen, der zweite Eingang kommt an eine Buchsenleiste. Damit man die Uhr bequemer stellen kann und nicht immer der blöde Taktgeber stört, muss der Taktgeber abschaltbar sein. Mit einer UND-Verknüpfung lässt sich das ganze einfach lösen. Damit der Takt des Taktgebers bei Low von dem Eingang Clockset durchschaltet, wird Clockset über einen BC548 und 1k-Widerstand invertiert. Von den restlichen UND- und ODER-Verknüpfungen werden die Eingänge auf Masse gelegt. Somit wird vermieden, dass sie zum schwingen anfangen und evtl. den Betrieb stören.

Mit dem Multimeter als Taktgenerator konnte die Uhr jetzt an den Start gehen. Damit ich nicht einen ganzen Tag warten muss um zu sehen, ob die Uhr nun funktioniert oder nicht, habe ich eine relativ hohe Frequenz im S/O gewählt. Mit 4kHz schafft man einen Tag in knapp 22 Sekunden. Bei 10kHz sind es nur noch ~9s ;)

Um die Zeit zu stellen, habe ich eine kleine Tastatur-Platine gebaut. Wichtig ist bei den Tastern nur, dass sie nicht prellen. Aber welcher Taster ist prellfrei? Deshalb kommt eine kleine aber durchaus effektive Schaltung zum Einsatz, die die Taster entprellen soll: