Reparatur R&S CMU200 Hintergrundbeleuchtung

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Version vom 4. April 2020, 18:53 Uhr von Chris (Diskussion | Beiträge) (Seite erstellt)
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In der Arbeit wurde ein Schwung Rohde und Schwarz CMU200 ausgemustert.

Für die, die sie nicht kennen: Eine CMU ist ein "Universal Radio Communication Tester", ausgerichtet auf Mobilfunktelefone. Kurzum: eine kleine Handy-Basisstation mit vielen möglichen Optionen, von GSM über WCDMA und HSPA, ..., aber auch Bluetooth. Das bedeutet aber nicht, dass man mit dem Teil zum Mobilfunkbetreiber werden kann, im Gegenteil: es dürfte ziemlich dumm sein, anstatt eines geschirmten Koppler eine "offene" Antenne anzuschließen.

Aber was macht man als Bastler mit dem Teil, außer etwas ältere Technik zu bewundern? Ganz einfach: zu den Basisfunktionen gehören ein relativ gutes Frequenznormal, ein Signalgenerator mit verschiedenen Modulationsarten und ein ordentlicher Spectrum Analyzer.

Auf einem der Geräte war ein Aufkleber "Display defekt".

Die meisten Displays aus der Zeit haben noch ein eine Hintergrundbeleuchtung mit CCFL-Röhren und viele verwechseln ein kaputtes Display mit einem kaputten Backlight - also ab in den Kofferraum mit dem Teil.

Wenn man im zweiten Stock ohne Aufzug wohnt merkt man, wie solide Geräte aus dem Hause Rohde und Schwarz gebaut sind, "das gilt als Sport". Am Strom surren die Lüfter und die Festplatte vor sich hin und das Display bleibt erwartungsgemäß dunkel.

Der einfachste Test für LCDs ist, mit der Taschenlampe hineinzuleuchten und siehe da: dunkel schimmert die Benutzeroberfläche.

Praktischerweise hat das Teil auch einen VGA-Ausgang, der auch gut funktioniert. Damit wäre der Artikel im Prinzip auch schon zu Ende. Falsch gedacht, er fängt erst an:

Auf das Ding!

Ein kurzer Abstecher ins Internet fördert Service Manuals zu Tage.

Ab der Hälfte des Manuals mit "other" im Namen steht dann sogar, wie man das Gehäuse öffnet: Gehäuse auf die Front legen (sofern die Griffe vorhanden sind) und hinten die Füße mit einem T20 Torx abschrauben. Nun kann man die Hülle herunterziehen und legt den Zugriff zu allen weiteren Schrauben bei.

Hier sieht man auch, wo man das Geld für ein Einfamilienhaus stecken konnte: In Module (und Lizenzen).

Um an das Display zu kommen, müssen zunächst die vorderen Griffe ab, die zugleich auch die Frontblende am Gehäuse fixieren.

Im Anschluss können die hinteren Schrauben am Frontmodul ringsum und die am Halteblech des nach hinten ragenden Moduls sowie dem PCMCIA-Adapter gelöst werden:

Mit einem vorsichtigen Ruck kann man nun das Frontmodul vom Rest befreien. Je nach Ausbaustufe muss man auch ein paar Flachbandkabel abziehen.

Hat man das Frontmodul auf dem Schreibtisch, heißt es wieder: ringsum Schrauben lösen. Allerdings ist man dann noch nicht am Ende: noch einmal darf man rundherum den schraubendreher schwingen. Immerhin: alle Schrauben haben die gleice Größe.

Jetzt man kann (vorsichtig!) das Display vom Embedded-PC trennen. Am besten zuerst die Verbindung der Folientastatur lösen, anschließend die Flachbandkabel für Display und Jogdial.

Leider habe ich hiervon kein Foto gemacht.

Backlight-Tausch=

Obwohl ich mich schon darauf eingestellt habe, das Display komplett zu zerlegen ist es durchaus wartungsfreundlich - die Röhre lässt sich als Modul mit zwei Schrauben entfernen:

Das erste Foto ist leider gestellt - die CCFL habe ich bei erster Gelegenheit entfernt, da die Ausdünstungen bei einem Bruch nicht unbeding gesundheitsförderlich ist. Der Inverter ist auch bei erster Gelegenheit rausgefallen.

Der Inverter ist ebenfalls ein eigenes Modul - ein 810-CXA-L0605-VJL von TDK. Mouser hat sogar noch ein Datenblatt, das ein paar meiner Hoffnungen zerstört. Leider wird das Teil mit 5 Volt und nicht mit LED-Streifen-freundlichen 12 V betrieben. Laut Datenblatt genehmigt sich das Teil bis zu 0,8 A, also 4 Watt. Damit sollte man das Displays mit LEDs sehr hell bekommen.

Aber zunächst muss man sie überhaupt montieren können. Der Originalrahmen ist, als hätte es Sharp geahnt, knapp 8 mm tief, sehr passend zu marktüblichen LED-Streifen. Meine Wahl fällt auf das, was rumliegt: kaltweiße Streifen mit 60 PLCC2-LEDs pro Meter. Nicht die hellsten oder besten am Markt, aber sie sind da.

Die nächste Frage stellt sich sogleich: wie montieren? Im Baumarkt werde ich fündig: ein L-Profil mit 7,5 x 12,5 mm, 1 m für 1,45 Euro. Nicht ideal, aber die Welt ist eben voller Kompromisse.

Auf 13,5 und 18 cm abgelängt, mit 45° gegehrt passen die Profile sehr gut ans Display - und auch die LED-Streifen passen wie angegossen. Mit etwas Kapton-Tape ist auch sichergestellt, dass es am Ende der Streifen keine Kurzschlüsse gibt.

Bevor die Streifen fixiert werden muss natürlich getestet werden, mit welchem Abstand die Lichtausbeute und Konformität am besten ist.

Stellt sich heraus: so nah wie möglich an den Lightspreader. Die auf den Fotos sichtbaren Leuchtpunkte fallen mit bloßem Auge kaum auf. Auch der Grünstich ist nicht ganz so heftig wie auf den Bildern zu sehen ist, aber dennoch vorhanden.

Fixiert wird das Ganze nicht nur mit einer Portion Heißkleber, sondern auch mit Alutape - es soll ja nach was aussehen:

LED-Treiber

Jetzt müssen nur noch die LEDs getrieben werden. Großartig in der Elektronik herumpopeln möchte ich nicht, wer weiß, wie die Stromversorgungen ausgelegt sind und wie empfindlich manche Rails sind. Da der CCFL-Treiber vermutlich auch nicht wenig herumgesaut hat, fiel die Wahl auf einen kleinen DC-DC-Wandler, der auf einem MT3608 basiert.

Das Teil hat nur eine Marotte: Wenn man am Poti dreht, passiert erst sehr wenig, dann plötzlich sehr viel. Schaut man die Spindel nur mal kurz schief an, springt die Spannung von 12 V auf 14 V. Das möchte ich den LEDs nicht zumuten - und ja, LEDs treibt man eigentlich über den Strom.

Der Spannungsteiler besteht aus einem 100 kOhm-Poti das gegen Masse über einen 2,2 kOhm-Widerstand "verlängert" ist. Die Ausgangsspannung berechnet sich nach:

\[U_{\textrm{out}}=U_{\textrm{ref}} \cdot \left(\frac{x\cdot R_{\textrm{pot}}}{(1-x)\cdot R_{\textrm{pot}} + R_{\textrm{bot}}}\right + 1)\]

Mit \(U_{\textrm{ref}}=0.6\ \textrm{V}\) erhält man bei einem auf Anschlag gedrehtem Poti (\(x = 1\)) einen Wert von 27,87 V. Das ist ein bisschen zu viel. Schaut man sich an, wie sich die Ausgangsspannung über x (also der Potistellung) verhält, merkt man, dass das gar nicht mal so clever gemacht ist:

Stellt man die oben gezeigte Formel um, kann man mit \(x = 1\) und \(U_{\textrm{out}}\) als Maximalspannung den nötigen Bottom-Widerstand ermitteln:

\[R_{\textrm{bot}} = R_{\textrm{pot}} \cdot \left( \frac{U_{\textrm{out}} \cdot x}{U_{\textrm{out}} - U_{\textrm{ref}}} - 1 \right)\]

Für \(U_{\textrm{out}} = 13\ \textrm{V}\) erhält man einen Widerstand von 4,8 kOhm, der nächste verfügbare ist 4,7 kOhm. Rechnet man nochmal "rück", kommt man auf eine maximale Ausgangsspannung von etwa 13,37 V. Passt soweit. Erwartungsgemäß verhält sich der Ausgang ähnlich exponentiell wie zuvor:

Das Problem liegt im Nenner der Funktion: geht x gegen 1, wandert der Nenner gegen klein und die Gesamtfunktion "explodiert". Die Misere lässt sich mit einem Stück Draht beheben: Schließt man den "unteren Teil" des Potis kurz, wird \((1-x)\cdot R_{\textrm{pot}}=0\) und der Term wird linear:

Anhand des Datenblattes des ursprünglichen Treibers der Hintergrundbeleuchtung lässt sich die Pinbelegung ermitteln:

Blau ist Schwarz und Schwarz ist rot. Nein: Pin 1 ist Vin und Pin 2 GND. Pin 3 ist ein Remote Enable und an der 4 könnte man die Helligkeit einstellen. "Unwichtig" sagt der Bastler und irgendwo muss der Stecker ja befestigt sein.

Damit sich das Poti nicht doch noch umentscheidet, wird die Einstellung mit Heißkleber fixiert.

Die Montage im Gehäuse erfolgt über einen etwas länger gelassenen Schrumpfschlauch und der bereits vorhandenen Schraube. Damit nichts herumflattert (und in der Hoffnung, dass es in Sachen EMV hilft) kommt noch eine Lage Alutape drüber:

Wenn man schon dabei ist & Zusammenbau

Obwohl die CMU eher einfach zu Zerlegen ist, dauert es doch eine Weile, bis die Einzelteile auf dem Tisch liegen. Deshalb macht man am besten das, was man an der Stelle gut machen kann: Wartung.

Das Lager der Lüfter hört man mittlerweile recht gut, passenden Ersatz habe ich aber nicht da, also bleibt der erst einmal so.

Was aber immer geht und nach knapp 20 Jahren doch mal platt sein kann: die BIOS-Batterie. Alte raus, neue rein und wieder einige Jahre Ruhe.

Es empfiehlt sich auch, ein Backup der Festplatte (z. B. mit Clonezilla) anzulegen. Da es mittlerweile schwierig ist, 2,5"-Festplatten mit P-ATA Interface zu bekommen: CF-Karten mit IDE-Adapter funktionierten zumindest bei einem anderen R&S-Gerät ausgezeichnet, inklusive kürzerer Boot-Zeiten. Wie langlebig ein solcher Aufbau ist - keine Ahnung.

Das Zusammenbauen erfolgt genau rückwärts zum Zerlegen, wobei es ein paar Fallstricke gibt:

Da die Stiftleiste für die Festplatte keine Wanne hat, muss man darauf achten, dass der Stecker richtig sitzt. Was auf dem ersten Blick ok aussieht, kann in Tränen enden:

Beim Aufstecken des Frontmoduls "darf" man unter Umständen ein paar Flachbandkabel einstecken, die allerdings passend beschriftet sind:

Etwas fummelig ist das auf jeden Fall vorhandene für die LEDs am Frontpanel - hier gibt es leider kein Patentrezept. Ich habe mit der einen Hand das Panel gehalten und mit der anderen das Kabel von unten in die richtige Position manövriert.

Nun kommt auch die Stunde der Wahrheit: Noch bevor man den Deckel schließt, sollte man prüfen, ob die Kiste hochkommt.

Im Anschluss packt man die übrig gebliebenen Schrauben in eine kleine Tüte und klebt sie mit Klebeband so auf die Abdeckung, dass sie nach unten herunterbaumeln.

Oder man sucht, wo sie tatsächlich hingehören, z. B. ans Bracket des PCMCIA-Slots und dem Niederhalter für die Einsteckkarte.