Eine Woche mit der Canon PowerShot SX280HS

Mal wieder etwas Warteschleifenmusik: Ich war im Urlaub und habe mir dafür eine neue Knipse geleistet. Die alte (eine PowerShot A2100 IS) funktioniert zwar noch, bzw. nach dem kurzen Intermezzo wieder super – trotzdem sollte es etwas neues werden. Hauptgrund war, dass es endlich Kameras mit integriertem GPS-Empfänger gibt – ein absoluter Segen wenn man unterwegs ist. Nach dem Urlaub fängt dann nämlich oft das Rätselraten an: „wo hab ich das Foto gemacht?“.

Bei den letzten Urlauben habe ich mir teilweise die Mühe gemacht und manuell Geotags hinzugefügt. Logbuch habe ich keines geführt (wäre tw. auch nicht richtig möglich gewesen) und GPS-Tracker hatte/habe ich nicht – das macht die Sache mitunter sehr schwierig….

Bei einer Bootsfahrt habe ich z. B. mal den Aufwand getrieben, aus ein paar bekannten Positionen von Fotos und der gefahrenen Route die genaue Position zurückzurechnen. Ein Stück weit ging es mir nicht nur um die Geotags, sondern allein um die Machbarkeit. Schließlich konnte ich anhand von nur 3 Fotos und deren bekannter Position auf der ca. 25 km langen Fahrt den wahrscheinlichsten Aufnahmeort der restlichen Fotos auf wenige Meter genau bestimmen und nebenbei auch noch die Geschwindigkeit des Boots berechnen. Aber deutlich zu viel Aufwand für >2000 Fotos je Urlaub. Damit sei schon mal der GPS-Empfänger gerechtfertigt.

Leider ist zwar Auswahl vorhanden, aber nicht groß. Jeder Hersteller hat momentan nur 2-3 Kompaktkameras mit Geotagging. Wer mich kennt oder den Blog hier liest, weiß, dass ich Canon-Fan bin. Deswegen ist es die relativ neue PowerShot SX280HS geworden.

sx280

Von den technischen Daten her ein Gerät, das sehr viel Spaß verspricht: 12 Megapixel (das vorzeitige Ende des Megapixel-Wahns?), riesiger Brennweitenbereich (25-500 mm Kleinbild-Äquivalent), Full-HD-Videos mit 60fps und WLAN-Anbindung – das ganze in einem verhältnismäßig kompaktem Metallgehäuse.

Nachdem ich die Kamera eine Woche intensiv genutzt habe, kann ich mir nach meiner Einschätzung ein relativ gutes Urteil erlauben:

Mechanik

Das Metallgehäuse gefällt und liegt dank der vorderen Kunststoffausbuchtung sicher in der Hand und wirkt aufgrund der abgeschrägten Kanten und des heraus stehenden Objektivrings vergleichsweise dünn. Das Gewicht lässt die Kamera „wertig“ erscheinen.

Etwas ungeschickt ist die Konstruktion des automatisch ausfahrenden Blitzes: oft hält man die Kamera doch mit beiden Händen und übergreift mit der linken Hand den Blitz. Fährt dieser nun im Automatikmodus unvermittelt aus. Ältere Modelle haben den Blitz über eine Feder freigeben und hochschnellen lassen, die SX280 hat einen Motor verbaut. Hält man den Blitz versehentlich zu, gibt es eine Fehlermeldung, nach der man die Kamera neu starten muss. Zudem dürften die Zahnräder reiben: ungut.

Etwas ungeschickt ist ebenfalls der Power-Taster: Öffnet man das Akkufach, kann es durchaus passieren, dass man ihn betätigt. Nicht weiter schlimm, aber störend, zumal man den Taster locker woanders (z. B. zwischen Zoomwippe und GPS-Antenne) unterbringen hätte können.

(M)ein weiterer Kritikpunkt ist das Display bzw. dessen asymmetrischen Einfassung: oben, links und unten 2 mm Rand, rechts knapp 6 mm. Da könnte man fast meinen, dass es Lieferprobleme für die LCDs gab. Ein rein optischer Makel für Menschen, die an Symmetrie glauben.

Als letztes wäre da noch das Stativgewinde: Egal wie klein die Wechselplatte ist, man kommt nicht mehr an das Akkufach. Besonders in Hinblick auf einen Punkt, den ich später noch beschreibe, ist das sehr nervig. Anders rum: wohin mit dem Gewinde? Dort, wo es hingehört (auf Sensorebene) ist mit der möglichst kompakten Bauweise nicht möglich. An der dem Akkufach abgewandten Gehäuseseite wäre zwar eine Möglichkeit, dann bekommt man womöglich Schlagseite auf kleinen Stativen – also ist der Ort des Gewindes die beste der schlechtesten Möglichkeiten.

Hardware

Es heißt immer wieder mal, dass 6 Megapixel völlig ausreichen. Ich bin der Meinung, dass es schon mehr sein darf, wenn die Abbildungsleistung stimmt. Leider beißt sich das ein wenig mit dem Wunsch nach einer kleinen Kamera: Kleine Kamera -> kleines Objektiv -> kleiner Bildsensor. So schaut’s in den meisten Fällen aus. Wie auch bei der SX280. Okay, das Objektiv meiner Meinung ganz ordentlich. Der Bildsensor oder zumindest die Bildverarbeitung ist an manchen Stellen etwas schwach. Erstaunlicherweise bei niedrigen Bildempfindlichkeiten: Bei ISO 80 sieht man in der 1:1-Ansicht an vielen Stellen schon eine deutliche Körnung. Selbst auf dem Beispielfoto von Canon selbst. Zu den mittleren Bildempfindlichkeiten bleibt die Körnung und das Rauschen relativ gering. So richtig fieses Rauschen bekommt man nicht einmal bei langen Belichtungszeiten, wobei da die Kamera schon Gegenmaßnahmen trifft: Beschränkung der Bildempfindlichkeit, Korrektur durch Dunkelbild. Das Ergebnis kann muss sich für eine Kompaktkamera meiner Meinung nicht verstecken:

Langzeitbelichtung: 15s bei ISO80 (Klick für volle Größe)

Langzeitbelichtung: 15s bei ISO80 (Klick für volle Größe)

Außer dem Entfernen der Exif-Infos wurde das Bild nicht bearbeitet.

Die Optik ist für eine Kompakte gut. Zwar ist die Offenblende mit f/3,5 bis f/6,8 nicht ganz so lichtstark, aber für ein Superzoom meiner Meinung in Ordnung. Schön ist der relativ große Weitwinkel von 25 mm KB-Äquiv., der für die allermeisten Aufnahmen ausreicht. Im Vergleich dazu waren die 36 (?) mm KB-Äquiv. bei der A2100 IS deutlich zu viel. Nicht selten habe ich Mini-Panoramen gemacht, um etwas mehr Weitwinkel zu bekommen. Das andere Ende des Zoombereichs wird zumindest von mir eher selten genutzt, wobei 500 mm trotz Bildstabilisator eine halbwegs ruhige Hand erfordern.

Genutzte Brennweiten bei 1148 Fotos, Achtung: logarithmische Skalierung

Genutzte Brennweiten bei 1148 Fotos, Achtung: logarithmische Skalierung

Wie man im Diagramm sieht, geschieht das allermeiste bei 25 mm Brennweite, je höher die Brennweite, desto seltener genutzt.

Gut gefällt mir ebenfalls, dass Canon endlich eine mehrstufige Wippe verbaut hat. Man kann jetzt mit zwei Zoomgeschwindigkeiten arbeiten, was gerade beim Verfolgen von Objekten praktisch sein kann. Es wäre schön, wenn – gerade in Hinblick auf die Videofunktion – mehr Geschwindigkeitsstufen für geschmeidigeres Handling möglich wären. Der erste Schritt wäre auf jeden Fall getan!

Der Autofokus arbeitet schnell und in den allermeisten Fällen sehr zuverlässig. Angenehm ist hier – sofern man den Automatikmodus verwendet – dass Objekte verfolgt werden können.

Gerade bei höheren Brennweiten wird der Bildstabilisator interessant. Dieser leistet recht gute Arbeit. Bei maximaler Brennweite und etwas stärkerer Bewegung kann man im Display Vignettierung entdecken. Schlimm? Nein. Irgendwo hat jedes System seine Grenzen und zu viel Puffer in der Optik lässt (noch) weniger Licht auf den Sensor fallen.

Bei Videoaufnahmen merkt man ab und zu die Grenzen des IS – er kompensiert relativ gut, aber man sieht – je nach Bewegung der Kamera – eine etwas irritierende Unschärfe. Ob das ein Fehler des Stabilisator, der Verarbeitung oder optoelektrische Effekte beim Handling ist, kann und möchte ich nicht urteilen.

Wichtig für’s Video ist natürlich auch das Audio. Vor einigen Jahren hat Canon hier noch unsinnigerweise gespart. Folglich hatte man ziemlich fieses Aliasing („Doppeltöne“) in der Audiospur. Als super würde ich den Sound nicht bezeichnen, da die Tiefen etwas fehlen, aber hey, es ist eine Fotokamera mit Videofunktion. Wer vollwertiges Video will, soll sich ein Gerät für genau diesen Zweck kaufen.

Das Thema Videos bringt mich zu einem etwas unangenehmen Thema bei der SX280: Die Akkulaufzeit. Bei der Veröffentlichung der Kamera gab es sehr viele Klagen wegen des „Akku-Bugs“, durch den auch bei vollem Akku direkt nach Aufnahmestart die Low-Battery-Warning angezeigt wurde. Canon hat ein Firmware-Update veröffentlicht, das zumindest bei mir das Problem nicht vollständig beseitigt hat. Abgesehen von diesem offensichtlichem Fehler ist die Akkulaufzeit als eher dürftig anzusehen. Trotz aktivierter Stromsparfunktionen (ECO-Mode und deaktivierter kontinuierlicher Autofokus und Szenenerkennung) und sehr seltener Blitznutzung reichte an keinem Urlaubstag ein Akku für den ganzen Tag. Ein größeres Gehäuse zugunsten eines stärkeren Stromlieferanten hätte sicherlich kaum jemanden gestört. Auf jeden Fall ist es schade, dass es an so etwas krankt. Einziger Angriffspunkt für diese Kamera: Bessere Akkus im gleichen Gehäuse oder Optimierung der Software.

Der GPS-Empfänger funktioniert ziemlich gut. Nach dem Einschalten mit gültigem Almanach dauert es unter freiem Himmel 10-15 Sekunden für einen Fix. Drinnen und bei fehlenden A-GPS-Daten dauert es systembedingt länger.

Der Blitz der Kamera ist halt das, was man von einer Kompakten kennt. Es reicht für 2-3 m und Rote Augen sind in den meisten Fällen ein guter Indikator von dessen Nutzung. Das Laden geht zügig vonstatten, wobei man es natürlich nicht mit einem richtigen Aufsteckblitz vergleichen kann.

Über das Display habe ich ja schon ein paar Schmähworte verloren, abgesehen von der etwas eigenwilligen Anordnung ist es aber brauchbar. Auflösung ist in Ordnung und die Blickwinkelabhängigkeit ist relativ gering. Die Helligkeit reicht für die tropische Mittagssonne aus, wobei man ab und zu lieber mit der Hand abschattet.

Die meisten Aspekte der Bedienung laufen über die 7-Wege-Navigation. Schönes Konzept, das mir schon bei den dicken Spiegelreflexen gefallen hat. Neben der normalen 4-Wege-Navigation mit mittlerem Taster kann man den Rand drehen.

Ansonsten haben die Taster und Rädchen einen angenehmen Druckpunkt, wobei man für das Programmwahlrad etwas mehr Kraft aufbringen muss. Vermutlich bewusst, um Fehlbedienung entgegenzuwirken.

Für die Konnektivität gibt es einen erweiterten USB-Anschluss und Micro-HDMI. Ersterer kann zusätzlich zur Anbindung an den PC (über USB 2.0) analoges Audio und Video ausgeben. Versorgen oder geladen kann die Kamera darüber leider nicht. Genauso kann man den Port nach wie vor nicht (zumindest nicht offiziell) als Fernauslöser-Eingang nutzen. HDMI konnte ich mangels Kabel noch nicht nutzen, aber es soll die Fernbedienung der Kamera über CEC können, sofern es auch das Gegenstück unterstützt. Zusätzlich lassen sich Bilder über WLAN auf das Handy übertragen. Nettes Gimmick, das ich auch genutzt habe, aber leider gibt es noch keine Software für den PC. Ebenso ist keine Fernauslösung per App möglich, auf die ich gehofft habe. Canon: da geht noch was!

Software

Heutzutage steigt und fällt jedes Produkt mit der Software. In Sachen Software für Kameras braucht man Canon nicht viel vormachen – das allermeiste ist stimmig (behaupte ich als eingefleischter Canon-User einfach mal).

Nachdem meine alte Kamera nahezu keine manuellen Einstellmöglichkeiten hatte, besitzt die SX280 wieder die Schönen Buchstaben P, Tv, Av und M. Die restlichen Modi lasse ich größtenteils ungenutzt.

Der Automatikmodus bietet für den geneigten Nutzer aber auch einige nette Sachen. Die Objektverfolgung habe ich ja schon genannt. Dazu kommt Gesichtserkennung, die nicht nur auf sie fokussiert, sondern auch Namen zuordnen kann und erkennt, ob jemand beim Abdrücken geblinzelt hat. Ersteres wird in die Exif-Infos geschrieben und u. a. von Picasa erkannt, letzteres wird leider nur sehr unscheinbar und kurz am Bildschirmrand angezeigt. Ein Signalton oder eine deutlichere Anzeige wäre wünschenswert.

Bei den „Killerfeatures“ WLAN und GPS gibt es meiner Meinung noch Aufholbedarf. Über WLAN lassen sich momentan nur Bilder auf Android- und iOS-Geräte übertragen, mit dem PC funktioniert es momentan scheinbar nicht. Ok, als weiteres Feature geht noch Flickr, Facebook und der Canon Image Gateway. Dropbox oder FTP oder WebDAV geht nicht. Ungeschickt ist hierbei auch, dass man den Zugang über den PC einrichten muss. Direkt auf der Kamera bei Facebook oder Flickr einloggen geht nicht. Eine Fernsteuerung oder zumindest rudimentäre Fernauslösung sucht man auch vergebens. Immerhin kann man A-GPS-Daten (also den Almanach) per WLAN herunterladen und muss ihn nicht durch den GPS-Empfänger selbst aufbauen lassen. Alles in allem ist die WLAN-Funktion für mich jedoch eher enttäuschend. Ich hätte mir deutlich mehr versprochen.

In Sachen GPS kann man Bilder taggen oder die Kamera als Logger laufen lassen. Letztere Funktion speichert die Daten minütlich im NMEA 0183-Format ab. Andere Intervalle sind leider nicht möglich. Über den GPS-Status informiert lediglich ein Symbol: kein Empfang bzw. GPS aus, kein Fix, Fix. Nähere Statusinformationen, z. B. ob es sich um einen 2D- oder 3D-Fix handelt oder wie gut das Signal ist gibt es nicht. Eine Statusanzeige wäre hier schön.

Verliert man den Empfang, wird kein Tag geschrieben. Schön wäre hier, wenn zumindest die letzte bekannte Position für eine gewisse Zeit noch als gültig angenommen wird. Zumindest, solange die Teleportation noch nicht im größeren Stil möglich ist.

Was mich in Sachen GPS auch etwas stört: Man kann bei Canon-Kameras seit längerem zwischen Heim- und Reisezeit unterscheiden. Die SX280 kann ihre Zeit automatisch nach GPS stellen. Aber: sie kann die aktuelle Zeitzone nicht anhand der aktuellen Aufenthaltsortes festlegen und fragt bei einem großen „Sprung“ auch nicht, ob man das tun möchte. Ein schwacher Trost ist, dass die Aufnahmezeit zusätzlich als UTC-Zeitstempel in den Exif-Infos gespeichert wird.

Das Menü im Kameramodus wirkt unaufgeräumt. Es gibt zwei Hauptmenüpunkte bzw. Tabs (Kamera und Einstellungen), in denen man jeweils durch 18 bzw. 21 Unterpunkte blättern kann, die teilweise noch Untermenüs haben. Die Menüs bei den Canon-Spiegelreflexen sind deutlich aufgeräumter und – wenn ich mich richtig erinnere – so aufgebaut, dass man nicht blättern muss. Zwei zusätzliche Tabs zur Entzerrung der Menüs würde wirklich gut tun.

Der Wiedergabemodus ist ganz schick, gerade das scrollen durch viele Bilder wird mit einem netten Effekt begleitet. Aber: Das Suchen eines Bildes auf einer fast vollen 16 GB-Karte macht keinen Spaß. Früher gab es die Option „Springe 100 Bilder“, bei dieser Kamera kann man nur noch tageweise springen.

Mehr fällt mir momentan nicht ein. Außer:

Fazit

Eine schicke, solide Kamera, die aber noch ein paar Wochen in der Entwicklung gebraucht hätte. Hardware erfüllt, bis auf den Stromverbrauch bzw. des zu kleinen/schwachen Akkus, ihren Zweck sehr gut. Bei der Software besteht hinsichtlich der Zusatzfunktionen durch die neue Hardware aber noch Verbesserungsbedarf. Ich hoffe, das Canon noch an diesem Gerät verbessert, bevor ein Nachfolgemodell kommt. Wäre wirklich schade, das große Potenzial nicht noch weiter auszureizen.