Ersa i-con 2 von innen

Seit knapp 3 Jahren habe ich nun meine aktuelle Lötstation und ich bin nach wie vor sehr zufrieden damit. Leider ist die Zeit – trotz viel zu seltener Benutzung – nicht spurlos an dem Gerät vorbeigegangen. Seit kurzem hat das Display eine dunkle Ecke. Um zu sehen, ob man das reparieren kann und natürlich aus reiner Neugierde habe ich mich dazu entschlossen, mal einen Blick in das Gerät zu werfen.

Drehknopf abziehen, 4 Torx-Schrauben lösen und Deckel abheben, und man ist drin:

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Der Trafo hat erwartungsgemäß 120 VA und einen 24 V-Ausgang. Für die Regelung gibt es einen Abgriff für 10 V.

Die gesamte Elektronik ist auf einer Leiterkarte untergebracht, die nur mit zwei Schnapphaken verklipst ist. Die Stecker für den Trafo, die beiden Lötkolbenanschlüsse und den Potentialausgleich lassen sich sehr einfach lösen, für den Steckschuh vom PE braucht man etwas mehr Kraft – gut so.

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Zunächst ein kurzer Blick hinters Display offenbart den Namen des Displays: ES13BB0BM. Eine Kurze Suche ergibt, dass es sich um ein Modul von edt handelt. Bis auf die mechanischen Spezifikationen und einer Broschüre eines Distributors war leider nicht wirklich viel zu finden. Nachdem die LEDs stark in die Hintergrundbeleuchtung integriert, wird das wohl nix mit kurz reparieren. Auch nur halb so schlimm, weil man alles noch gut lesen kann:

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Einen weiteren Einblick in die Elektronik möchte ich jedoch nicht vorenthalten.

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Das meiste spielt sich jedoch auf der Rückseite ab:

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Der dickere Kühlkörper gehört zur Leistungsstufe, die beiden „Drahtbrücken“ sind Shunts, die höchstwahrscheinlich für die Strommessung der beiden Lötkolben verwendet werden. Links sitzt der Spannungsregler für die Regelung – ein LM1086 in der 5 Volt-Ausführung.

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Warum es genau dieser Spannungsregler ist und der Eingangselko relativ großzügig dimensioniert ist – gute Frage. Allzu hoch dürfte die Stromaufnahme nicht sein. Zur Abschätzung mal ein Blick auf den „Kern“:

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Oben sieht man Einen Einweggleichrichter, der vermutlich sowohl die Elektronik versorgt, als auch zur Messung der Netzfrequenz und Ermittlung des Nulldurchgangs (später mehr dazu) dient. Darunter Hühnerfutter und drei größere Chips.

Hier taucht auch ein weiteres Fragezeichen auf: Zwei Mikrocontroller? Ein ATmega128, der allen Anschein nach die Hauptarbeit erledigt und ein ATmega88, der daneben sitzt.

Über dem Mega88 befindet sich ein 74HC4050 von Fairchild, der wahrscheinlich als Levelshifter für das Display agiert. Die Vermutung liegt nahe, da beide Mikrocontroller mit 16 MHz getaktet sind und sie dafür eine Spannung von mindestens 4,5 Volt erfordern, das Display lt. oben verlinkter Broschüber aber eine Betriebsspannung von 3 V verwendet. Zudem verwendet das Display SPI und der 4050 hängt an den entsprechenden Pins des Mega128. Ein weiteres Argument, warum dieser das Display ansteuert, dürfte die Tatsache sein, dass ein Framebuffer verwendet wird – für 128×64 Pixel benötigt man genau 1 KiB RAM – so viel hätte zwar auch der Mega88, dann wäre aber nichts mehr für anderes wie z. B. Stack übrig. Der 128er hat 4 KiB, das reicht.

Welchen Zweck der Mega88 erfüllt – mehrere ADC-Kanäle sind angeschlossen, zudem führen von den Output-Compares und dem Input Compare Leiterbahnen weg – es könnte also sein, dass dieser die Phasenanschnittsteuerung übernimmt. Die Kommunikation zwischen den beiden findet offenbar über SPI statt, zumindest führen die SPI-Pins des kleinen zu IOs des größeren, wobei bei letzterem vermutlich Bitbanging eingesetzt wird, da er nur einen Hardware-SPI hat. Warum beide Mikrocontroller eine eigene Taktquelle besitzen, entzieht sich ebenfalls ein bisschen meinem Verständnis. Zumindest vom kleinen MCU weiß ich, dass er den System Clock ausgeben kann. Das hätte 3 Komponenten auf der BOM gespart.

Noch ein nettes Detail: der 10 Ohm-Widerstand an Pin 1 vom Mega128 wurde offenbar nachträglich (aus-/)eingelötet. Zumindest deutet die ungleichmäßige Lötung und die Flussmittelrückstände darauf hin. Habe ich also eine reparierte Station gekauft?! Die Datecodes (wk12/2010 und wk13/2010) sowie eine gekürzte Datumsangabe (vermutlich vom PCBA) lassen die Vermutung erhärten. Hinsichtlich der Umstände, wie ich an das Teil gekommen bin (nein, definitiv nicht vom Laster gefallen!), lässt mich das ehrlich gesagt kalt.

Die Elektronik oberhalb der Chips sieht ganz nach Differenzverstärkern der Strommessung aus. Die Bauteile im SOT23-5-Gehäuse dürften nach deren Marking Codes OPA335 sein.

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Rechts auf der Leiterkarte befinden sich zwei Triacs von SanRex (vermutlich T25C06F, konnte ich nicht richtig lesen), die sich einen Kühlkörper teilen, sowie deren Ansteuerung in Form von Toshiba TLP160G.

Um noch einmal auf den Spannungsregler zurückzukommen:

Laut Datenblatt benötigt der Mega88 ca. 9 mA bei 5 V und 16 MHz, der 128er liegt immerhin bei 33 mA. Über den 4050 braucht man im Prinzip nicht reden, sagen wir einfach mal 1 mA. Beim Display ist der größte Stromfresser das Backlight – bei 3 funktionierenden LEDs sind das höchstens 75 mA. Der Treiber braucht vermutlich nicht mehr als 5 mA. Pro OpAmp mit Außenbeschaltung allerhöchstens 3 mA. Drei davon habe ich entdeckt, also ca. 10 mA. Für die Triac-Treiber sind jeweils maximal 10 mA fällig. Macht aufgerundet also 155 mA. Nochmal 30 % Reserve drauf ergibt ein bisschen über 200 mA. Wenn die Schaltung tatsächlich von dem Einweggleichrichter versorgt und die 10 V AC stimmen muss der Regler nicht ganz 5 V verbraten. Bei 200 mA ist das immerhin ein Watt. Ein 500 mA-Regler im gleichen Gehäuse hätte es wahrscheinlich auch getan, aber der war wahrscheinlich günstig und verfügbar.

That’s all.