China – ein Kurzbericht

Wie vor ein paar Wochen geschrieben machten wir uns (zwei Professoren der Hochschule Ulm und 10 Studenten) auf die Reise nach China – hauptsächlich um unsere Partneruniversität in Yangzhou zu besuchen, zusätzlich nahmen wir noch zwei Tage in der ehemaligen Hauptstadt Nanjing und 3 in Shanghai mit.

Dass in China vieles anders als in Deutschland ist, war mir schon vorher klar. Welche Dimension dieses „Anders“ hat, kann man sich als Kleinstädter nicht einmal annähernd vorstellen. Alleine dass Shanghai – welches noch nicht einmal die größte Stadt in der Volksrepublik ist – von der Bevölkerungszahl fast dreimal so groß wie Österreich ist, lässt nur erahnen, mit welchen Größenverhältnissen man es zu tun hat.

Ein weiterer Irrglaube ist, dass China rückständig sei. Zumindest für die größeren Städte trifft das überhaupt nicht zu, was man schon im Straßenverkehr sieht: Ampeln sind mit LEDs ausgestattet und zeigen neben der der Phase auch die verbleibende Zeit der derselben an. Auch bei der Straßenbeleuchtung haben Leuchtdioden Einzug erhalten. Selbst Sträucher und Bäume in Parks werden damit beleuchtet. Auf den Straßen sieht man aber noch etwas anderes, was ich bei uns in der Form noch nicht gesehen habe: Elektroroller! Bei den Teilen merkt man auch, warum bei E-Autos Soundmodule gefordert werden: man hört die Teile einfach nicht. Selbst wenn sie nur knapp an einem vorbeifahren, hört man kaum Roll- & Windgeräusche.
Manche Besitzer dieser Gefährte haben aber anderweitig vorgesorgt: der Fußraum wird sehr gerne für Lautsprecher genutzt, wobei auch hier LEDs aller Art sehr beliebt sind. Ironischerweise bleibt das Licht vorne Nachts gerne mal aus. Ob das zugunsten der Reichweite gemacht wird, der Faulheit geschuldet ist oder ob es einfach nur egal ist, habe ich nicht herausgefunden.

In Sachen Straßenverkehr bestätigt sich mein Bild von Asien: Gefahren wird, wo Platz ist und die Hupe ist ein recht effektives und deshalb auch intensiv genutztes Kommunikationsmittel. Schilder, Zebrastreifen und Ampeln sind eher freundliche Hinweise als geltendes Recht. Aber es scheint zu funktionieren – obwohl wir auf viel frequentierten Straßen unterwegs waren, haben wir keinen einzigen Unfall gesehen geschweige dem Polizei- oder Notarzt-Sirenen gehört. Letzteres liegt wohl daran, dass die wahrscheinlich vorhandenen Sonderfahrrechte von anderen Autofahrern schlicht nicht berücksichtigt werden. So stehen sie genauso im Stau und können die Warnsignale gleich aus lassen…

Interessant und nach meinem Geschmack sehr bedenklich sind neben den zahlreich vorhandenen Überwachungskameras die Nummernschild-Scanner, die an vielen Kreuzungen angebracht sind und jedes vorbeifahrende Fahrzeug (selbst Fahrräder) ablichten.

In die gleiche Richtung ging auch die „Bürgerkarte“, die wir in Yangzhou gesehen haben – Ausweis, Krankenkarte, ÖPVN-Karte und Zahlungsmittel in einem. Das mag zwar durchaus praktisch sein, datenschutzrechtlich wäre das in Deutschland aber zum einen schlichtweg unmöglich und auch in anderer Hinsicht absolut undenkbar. Bedenken in dieser Rigging haben wir nirgends gehört, entweder weil man sich darüber keine Gedanken macht oder sich keine machen will. Generell scheint Privacy eher ein nachrangiges Thema zu sein. Woran das liegt kann man als Außenstehender nur mutmaßen.

Ein anderes Thema sind natürlich die Einschränkungen im Internet. Facebook ist nicht erreichbar, genauso wie YouTube und viele anderen Seiten. Manche behelfen sich mit VPN-Tunneln, welche nicht/schlecht kontrolliert werden können oder zumindest gedultet/ignoriert werden. Wege außenrum gibt es immer, das hat man ja schon bei der Diskussion mit dem Zugangserschwerungsgesetz hier in Deutschland gesehen.

Wie dem auch sei, zurück ins Reich der Mitte.
Ein Teil unserer Reise war Shanghai, das hinsichtlich der Menschen schon ein gewisses Kontrastprogramm zu Nanjing und Yangzhou darstellt. Es ist einfach deutlich stärker auf Tourismus und den Westen ausgerichtet (nicht umsonst gilt sie als westlichste Stadt Asiens), wobei es für meinen Geschmack nicht mehr viel mit China bzw. Asien zu tun hat. Das sind zum einen die durchaus aufdringlichen Straßenhändler, die alles mögliche zwischen Laserpointer, gefälschte Markenuhren bis hin zu Frauen anbieten. Am effektivsten ist, wenn man diese Zeitgenossen einfach ignoriert, was als Europäer (einfach drüber hinweg schauen) relativ leicht fällt.
Abgesehen davon ist alles laut, bunt und überall blinkt es. Ganz extrem wird es Abends am Bund (Flussufer). Dort blinken nicht nur die Boote in allen erdenklichen Farben, auch die meisten Gebäude der Skyline werden zu riesigen Anzeigeflächen verwandelt. Als Epileptiker würde man wahrscheinlich nur Minuten überleben.
Leidet man nicht dieser Krankheit, lohnt es sich aber das Geschehen dort einmal anzusehen – aber nicht zu spät: um 23 Uhr werden unter der Woche die Schalter umgelegt und das Schauspiel ist vorbei. Lt Kommilitonen lohnt sich der Blick vom M1NT und von der Bar auf dem Hyatt-Hotel (und lt. anderen auch von der Bar Rouge), wobei die Preise sehr europäisch sind und man bei ersterem Club vorab reservieren sollte (man bekommt dann einen Platz und zahlt vor Allem keinen Eintritt). Die Preise haben auch zur Auswirkung, dass nur entsprechendes Publikum in den Lokalitäten unterwegs ist: Europäer und etwas reichere Chinesen. Nichts für mich, sowas kann ich auch hier haben (ok, dann halt ohne den Ausblick).

 

Jetzt kommt der Teil, der für die meisten Leser hier am interessantesten sein dürfte:

Im Vorhinein habe ich mich bei einem Shanghaier Kollegen und im Forum von mikrocontroller.net informiert, ob es gute Elektronikläden in SH gibt: die Empfehlung war zum einen SEG Electronics in der East Beijing Road und Pacific Ocean Digital Phase 2 in der Zhaojiabang Road. Da wir nur wenig Zeit hatten und in Huangpu unterwegs waren, fiel die Entscheidung auf die East Beijing Road, die man ideal und preiswert mit dem Taxi erreichen kann (auch wenn der Fahrer fragt, ob man da wirklich hin will). Dort sieht es wie folgt aus: Eine Straße, viele mehrstöckige Gebäude – alle randvoll mit Elektronik-Bauteilen, Mechanik in allen erdenklichen Variationen und Werkzeug.
Das SEG-Gebäude ist kein Geschäft ansich, sondern eher eine Markthalle für unzählbare Minishops, die größtenteils nur aus Glasvitrinen bestehen und nur wenige Quadratmeter groß sind. Paradies und Hölle gleichermaßen! Die Preise muss man in der Regel erfragen, hier sind Grundkenntnisse in chinesisch oder zumindest Block und Bleistift (aufgrund der Sprachbarriere) sehr nützlich. Auch sollte man grobe Referenzpreise wissen – Ausländer bekommen (unbestätigterweise) wahrscheinlich andere Preise als Einheimische, auch wenn erstere anscheinend eher seltene Besucher in/bei den Shops sind – zumindest wurden wir teilweise angeschaut, als wären wir gerade aus einem Raumschiff gestiegen.

Mitgenommen habe ich leider nicht allzu viel, dafür war die Zeit leider viel zu knapp. Da die Vielzahl an Ständen nahezu unüberschaubar ist und Preisvergleich Pflicht ist, sollte man sich die Standnummern auf jeden Fall notieren. Ich habe den Fehler gemacht, mich auf mein Gedächtnis zu verlassen und habe so ein gutes Angebot für LED-Streifen (musste sein) nicht wieder gefunden. Wobei im Nachhinein meine Ausbeute in dieser Hinsicht auch nicht schlecht war: 5m wasserdichter RGB-LED-Stripe für umgerechnet 18 Euro. Laserpointer werden übrigens erstaunlich selten (und wenn dann nur auf Nachfrage) angeboten. Entweder sind die dort schon wieder kalter Kaffee oder man hat einfach kaum Bedarf an dem Zeug.